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Kreisklinik nicht verzichtbar

Landrat widerspricht Rüsselsheims Oberbürgermeister

KREIS GROSS-GERAU – „Auch wenn der Rüsselsheimer Oberbürgermeister es noch so oft wiederholt, wird es nicht richtiger: Seiner Aussage, dass der Weiterbetrieb der Kreisklinik Groß-Gerau weder finanziell vertretbar noch mit Blick auf die medizinische Versorgung in unserem Kreis notwendig ist, muss ich daher vehement widersprechen“, sagt Landrat Thomas Will.

Dass alle Kommunen mit dem Rücken zur Wand stehen, was ihre Finanzausstattung betrifft, und daher händeringend nach Verbesserungsmöglichkeiten suchen, kann der Chef der Kreisverwaltung nachvollziehen. Nicht aber, dass sich die Kommunen dabei gegenseitig schlechtmachen: „Schließlich sitzen wir alle in einem Boot und werden nur dann nicht untergehen, wenn es tiefgreifende strukturelle Reformen u.a. beim kommunalen Finanzausgleich gibt“, so Thomas Will.

Nach Auffassung des Landrats übersieht der Rüsselsheimer OB Patrick Burghardt in seinem Statement zur Kreisklinik, dass der Kreis Groß-Gerau letztlich für die Sonderstatusstadt Rüsselsheim am Main viel mehr gibt als er nimmt. „Schon 2017 ist ein Gutachten des Hessischen Rechnungshofs zu dem Schluss gekommen, dass die Finanzströme in Beziehung zu einer Sonderstatusstadt stark zu Lasten von Landkreisen gehen - auch bei uns. Rüsselsheim zahlt demnach eine Umlage, die eigentlich um neun Prozent höher liegen sollte.“ Die Schere sei mittlerweile noch stärker auseinandergegangen. Das heißt: Rüsselsheim profitiert eher vom Kreis als dass es durch ihn ausblutet, so Landrat Will.

Zum Beispiel liegt Rüsselsheim bei den Transferleistungen der Sozialen Sicherung an der Spitze aller 14 Kreiskommunen - nach absoluten Zahlen sowie nach den Leistungen in Euro pro Einwohner. Auch bei den Kosten der Unterkunft, die das Kommunale Jobcenter trägt, liegt Rüsselsheim deutlich an der Spitze. „Wenn schon gegengerechnet wird, dann ist auch zu bedenken, dass der Kreis die LWV-Umlage und die Krankenhausumlage - von der das GPR Rüsselsheim mit profitiert - allein finanziert.“ Landrat Will macht der größten Stadt im Landkreis daraus keinen Vorwurf, denn: „Solidarität ist keine Einbahnstraße und das System des Ausgleichens ungleicher Finanzkraft hat lange Tradition. Allerdings wäre es sicher sinnvoller, sich - statt Einrichtungen der Daseinsvorsorge zu schwächen - mit den Doppelstrukturen bei der Schulträgerschaft und den Lokalverkehrsorganisationen zu befassen, um Synergieeffekte zu schaffen und Kosten zu reduzieren.“

Was die Kreisklinik selbst betrifft, so schließt der Landrat sich der Replik von Geschäftsführerin Prof. Dr. Erika Raab auf die Kritik des Oberbürgermeisters an. Die Kreisklinik Groß-Gerau hat auf dem Weg zum intersektoralen Versorgungszentrum in den vergangenen Jahren stetig mit dem Aufbau ambulant-stationärer Strukturen begonnen. Zudem sei die Zentrale Notaufnahme der Kreisklinik für die Leistungserbringung in der Region unabdingbar, wie der hohe Patientenzulauf zeige.

„Sowohl die demographischen Berechnungen als auch die Bedarfsanalysen verweisen auf den Stellenwert der Kreisklinik. Die Entwicklung der Leistungsangebote erfolgt im Großteil additiv zu den Angeboten der Rüsselsheimer Klinik. Das hat insbesondere die Versorgung des Kreises während der Pandemie gezeigt. Während die Kreisklinik die Versorgung der Patienten mit Corona auf den Normalstationen bündelte, hielt man in Rüsselsheim die Kapazitäten für die Durchführung von Operationen und die Versorgung von Intensivpatienten vor.“ Zu bedenken ist laut Landrat und Klinikchefin auch, dass durch eine Schließung der Kreisklinik bestimmte Bevölkerungsgruppen strukturell benachteiligt würden.

Zur Finanzlage heißt es in der Stellungnahme: „Eine Suggestion, die wirtschaftliche Situation der Klinik sei in erster Linie auf eigene betriebswirtschaftliche Entscheidungen zurückzuführen, stellt eine unzulässige Verkürzung der tatsächlichen Sach- und Rechtslage dar. Eine solche Betrachtungsweise blendet die strukturellen Erfordernisse und gesetzlichen Verpflichtungen kommunaler Krankenhäuser aus und verkennt die Notwendigkeit einer differenzierten Bewertung, die auch die rechtlichen Rahmenbedingungen der Krankenhausfinanzierung berücksichtigt.“

Landrat und Kreisklinik betonen, dass sich die Defizite der Kreisklinik Groß-Gerau trotz branchenweit steigender Anspannung in dem kalkulierten und kommunal gewährten Rahmen bewegen: „Die Klinik ist auf Basis ihrer Sanierung bereits gut auf die anstehenden Veränderungen durch die Krankenhausreform vorbereitet. Die Kompetenzverteilung zwischen den Versorgern in der Region ist bereits heute eine gute Ausgangsbasis für das regionale Versorgungsnetz der Zukunft.“