Faire und nachhaltige Beschaffung
Die öffentliche Beschaffung kann einen wesentlichen Beitrag zur Stärkung der Nachhaltigkeit leisten. Durch gezielte Berücksichtigung von Qualität und Quantität bei der Beschaffung bestehen erhebliche haushaltsneutrale Steuerungsmöglichkeiten im Sinne der Nachhaltigkeit. Zur weiteren Ausrichtung der öffentlichen Beschaffung der Behörden und Einrichtungen der unmittelbaren Bundesverwaltung am Leitprinzip einer nachhaltigen Entwicklung dienen - im Rahmen der geltenden rechtlichen Bestimmungen und unter Beachtung des vergaberechtlichen Wirtschaftlichkeitsgrundsatzes - u. a. folgende Maßnahmen.
Warum sollte die öffentliche Hand nachhaltig einkaufen?
Ausgaben für öffentliche Beschaffung in Deutschland betragen ca. 480 Milliarden Euro/ Jahr, also rund 19 % des BIP.
Würde der komplette öffentliche Einkauf nachhaltig sein, hätte das einen sehr großen Einfluss auf das Angebot.
Die Einhaltung von Sozialstandards und faire Entlohnung sorgen für die Verbesserung von Arbeitsbedingungen, sowohl regional als auch global. Faire Löhne können beispielsweise zu einer Entlastung Ihrer Sozialausgaben führen und einen Beitrag zur Einhaltung globaler Arbeits- und Menschenrechte sowie zum Klima-und Umweltschutz leisten.
Sie unterstützen damit bundespolitische Ziele: Im Rahmen ihrer Nachhaltigkeitsstrategie beschloss die Bundesregierung 2010 das Maßnahmenprogramm „Nachhaltigkeit konkret im Verwaltungshandeln umsetzen". Punkt 6 sieht eine „Stärkung der nachhaltigen öffentlichen Beschaffung" vor.
2012 wurde außerdem die Kompetenzstelle für nachhaltige Beschaffung eingerichtet, die gezielt Bedarfsträger und Beschaffungsstellen bei Bund, Ländern und Kommunen informiert und berät.
Quelle: "Gute Gründe für nachhaltige Beschaffung", WEED – Weltwirtschaft, Ökologie & Entwicklung e.V., Autorin: Tina Gäbler, 2. Auflage Oktober 2016
Warum ausgerechnet im Kreis Groß-Gerau?
über 60% der Ausgaben für öffentliche Beschaffung fallen auf die Kommunen und Kreise.
Sie stehen den Bürger/-innen in Ihrer Kommune/Ihrem Land gegenüber in der Pflicht, öffentliche Gelder so auszugeben, dass die Lebensgrundlage nachfolgender Generationen gesichert ist: Ökologische und fair erzeugte Vorreiterprodukte sowie das Einfordern von Nachhaltigkeitskriterien unterstützen zukunftsfähige Wirtschaftsstrukturen.
Wir haben es in der Hand: Jeder Kreis kann einen Kreistagsbeschluss zur Einhaltung sozialer und ökologischer Kriterien bei der öffentlichen Vergabe fassen, Stadt oder Gemeinde einen entsprechenden Ratsbeschluss.
Der Kreis kann sowohl lokal als auch bundesweit eine Vorreiterrolle einnehmen! Immer mehr Menschen legen Wert auf verantwortungsvollen Konsum. Mit einer nachhaltigen Einkaufspraxis können wir den Erwartungen der Bürger/-innen an eine verantwortungsvolle öffentliche Hand gerecht werden. Über 60 % der Ausgaben für öffentliche Beschaffung fallen auf die Kommunen. Es liegt also nicht nur in der Hand des Bundes.
Immer mehr Menschen stellen Fragen, beispielsweise über die Herkunft von Pflastersteinen auf öffentlichen Plätzen. Wir beugen negativen Schlagzeilen über Produkte aus Kinderarbeit in unserem Kreis vor.
Quelle: "Gute Gründe für nachhaltige Beschaffung", WEED – Weltwirtschaft, Ökologie & Entwicklung e.V., Autorin: Tina Gäbler, 2. Auflage Oktober 2016
Erhöhen sich dadurch die Kosten der von mir beschafften Produkte?
Die Verankerung sozialer bzw. nachhaltiger Kriterien in Ausschreibungen erhöht nicht zwangsläufig den Preis.
Zu häufig wird nur der Einkaufspreis als Kriterium herangezogen, nicht aber Kosten, die während des Gebrauchs anfallen, wie Betriebskosten, Wartung oder Entsorgungskosten am Ende des Lebenszyklus.
Soziale und ökologische Produkte und Dienstleistungen haben oft eine bessere Qualität und sind damit langlebiger, weisen Vorteile in der Reduzierung des Energieverbrauchs auf, führen zu weniger Verschmutzung und können Gesundheit und Motivation des eigenen Personals steigern. Damit sind sie über den gesamten Lebenszyklus betrachtet meist sogar günstiger als konventionelle Produkte. Oft ist die Erhöhung der Anschaffungskosten nur verschwindend gering.
Durch den Einkauf von nachhaltigen Produkten und die Bündelung von Beschaffungen können auf lange Sicht ökonomische Vorteile erzielt werden: Da die öffentliche Hand oft große Mengen eines Produktes einkauft, können die Preise für das jeweilige Produkt sinken, wenn der Anbieter mehr absetzen kann.
Das Preiskriterium sollte im Übrigen nicht als einziges Argument für die Beschaffung herangezogen werden. Als öffentlicher Auftraggeber tragen Sie gesellschaftliche Verantwortung.
Stellen Sie sich immer die Frage, ob der im Angebot angegebene Preis realistisch ist, zum Beispiel in Bezug auf die Einhaltung des Mindestlohns. Ist dies nicht der Fall, können Sie den Bieter ausschließen.
Bedenken Sie, dass ein nicht existenzsichernder Lohn oft durch zusätzliche Sozialleistungen ausgeglichen wird. Im Grunde zahlt die öffentliche Hand dann einen Teil des Gewinns der Firma, die keine fairen Löhne zahlen will.
Quelle: "Gute Gründe für nachhaltige Beschaffung", WEED – Weltwirtschaft, Ökologie & Entwicklung e.V., Autorin: Tina Gäbler, 2. Auflage Oktober 2016
Worin liegt der Vorteil von Siegeln und wo informiere ich mich über sie?
Siegel für Sozial-und Umweltstandards erleichtern den Einstieg in die nachhaltige Beschaffung und können Ihnen als hilfreicher Nachweis dienen.
Im Rahmen der Umsetzung der neuen EU-Vergaberichtlinien in deutsches Recht können Sie seit April 2016 bestimmte Siegel fordern und müssen nicht mehr alle Kriterien einzeln auflisten. Rechtlich sind Sie verpflichtet auch gleichwertige Siegel zu akzeptieren. Die Beweislast über die Gleichwertigkeit liegt beim Bieter. Beruft sich der Bieter darauf, dass er keine Möglichkeit hat, ein Gütezeichen innerhalb einer angemessenen Frist zu erlangen, muss er Ihnen auch dies nachweisen.
Ein weiterer Vorteil von glaubwürdigen Siegeln ist, dass keine Kontrolle Ihrerseits nötig ist.
In vielen Bereichen gibt es bereits vom Gesetzgeber ausreichend geprüfte Zertifikate. Einen guten Überblick bieten folgende Internetseiten:
Orientierungshilfe für Öffentliche Beschaffung und KMUs
Siegelklarheit vergleicht und bewertet Siegel für verschiedene Produktgruppen.
Datenbank der Verbraucherinitiative mit Bewertungen und Informationen zu Labeln in Deutschland
Portal für nachhaltige Beschaffung öffentlicher Auftraggeber
https://www.nachhaltige-beschaffung.info/DE/Home/home_node.html
Quelle: "Gute Gründe für nachhaltige Beschaffung", WEED – Weltwirtschaft, Ökologie & Entwicklung e.V., Autorin: Tina Gäbler, 2. Auflage Oktober 2016
Dienstanweisung des Kreises GG für die Verfahren zur Vergabe von Leistungen, Bauleistungen und freiberuflichen Leistungen (DA-Vergabe) (Stand 2017)
§ 2.4.10. Bei der Beschaffung von Produkten und bei der Vergabe von Leistungen und Bauleistungen sind zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen und zum schonenden Umgang mit den Gütern der Natur die Grundsätze der Umweltfreundlichkeit und Umweltverträglichkeit sowie der Abfallvermeidung und Abfallverwertung zu beachten; ebenso soziale, ökologische und innovative Anforderungen unter den Voraussetzungen des § 3 HVTG sowie die Verpflichtungen nach dem §§ 4, 6 und 7 HVGT bezüglich Tariftreue und Mindestlohn.