
Sie stehen für das Nein zu Gewalt gegen Frauen und Mädchen und informierten am Dienstag auf dem Groß-Gerauer Marktplatz zum Thema. Von links: Patrick Sebischka, Leiter der regionalen Kriminalinspektion, Melanie Arnold, Opferschutzkoordinatorin der Polizeidirektion Groß-Gerau, Yvonne Ederberg vom Verein Frauen helfen Frauen, Erster Kreisbeigeordneter Adil Oyan, Kerstin Kalweit, Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Groß-Gerau und ihre Stellvertreterin Kassandra Waldhoff sowie vom Frauen- und Chancengleichheitsbüro des Kreises Simone Anthes, Mara Häneke und Judith Kolbe. - Adil Oyan, Kerstin Kalweit und Kassandra Waldhoff zeigen den stillen Hilfegruß. Foto: Kreisverwaltung
„Ein Schuhabdruck – ein Femizid“
KREIS GROSS-GERAU – Die extremste Form geschlechtsspezifischer Gewalt sind Femizide: die Tötung von Frauen und Mädchen aufgrund ihres Geschlechts bzw. weil sie gegen traditionelle Verhaltens- und Rollenvorstellungen verstoßen haben. Oftmals geschieht die Ermordung durch den (Ex-)Partner oder durch Familienmitglieder. Hinter solchen Taten stehen patriarchale Machtverhältnisse, die sich in Besitzanspruch, Kontroll- oder Dominanzverhalten zeigen.
Jedes Jahr werden in Deutschland bis zu 1000 Frauen und Mädchen Opfer von versuchten oder vollendeten Tötungsdelikten, deren Täter mehrheitlich männlich sind. Der Mann ist fast immer aus dem privaten und sozialen Umfeld.
2024 wurden laut Bundeskriminalamt 859 Mädchen und Frauen Opfer von versuchten oder vollendeten Tötungsdelikten, davon 328 vollendete Taten. Demnach gab es beinahe jeden Tag einen Femizid in Deutschland. 65 Femizide konnten der innenfamiliären Gewalt und 133 der Partnerschaftsgewalt zugeordnet werden. Auch im Kreis Groß-Gerau gab es im vergangenen Jahr drei vollendete oder versuchte Femizide durch (Ex-)Partner - in Mörfelden-Walldorf, Ginsheim-Gustavsburg und Rüsselsheim.
Weltweit wird am Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen und Mädchen der Opfer gedacht und auf die anhaltende Gewalt gegen Frauen aufmerksam gemacht. Um Femizide sichtbar zu machen, veranstaltete das Büro für Frauen und Chancengleichheit des Kreises Groß-Gerau am 25. November in Kooperation mit Frauen helfen Frauen e.V., den Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten der Stadt Groß-Gerau und der Opferschutzkoordinatorin der Polizeidirektion Groß-Gerau einen Aktionstag auf dem Marktplatz in Groß-Gerau. In Anlehnung an die Aktionsform „Rote Schuhe gegen Femizide“ und die UN-Kampagne „Orange the World“ werden für jeden Femizid aus dem Jahr 2024 leuchtend orangene und rote Schuhabdrücke auf den Marktplatz Groß-Gerau gesprüht.
Der Aktionstag soll nicht nur an die Opfer erinnern, sondern auch Wege aufzeigen, wie Betroffene unterstützt und Gefährdungssituationen früh erkannt werden können. Ein wichtiges Instrument dafür ist das sogenannte stille Hilfesignal – eine einfache Geste, mit der Menschen in Bedrohungssituationen unauffällig auf sich aufmerksam machen können.
Das Handzeichen wurde ursprünglich während der Corona-Pandemie von der Canadian Women’s Foundation entwickelt, um Betroffenen von häuslicher Gewalt eine Möglichkeit zu geben, in Videotelefonaten unauffällig um Hilfe zu bitten. Inzwischen hat sich die Geste international etabliert und wird auch in Deutschland zunehmend bekannt gemacht.
So funktioniert das Zeichen:
- Die Hand wird mit der offenen Handfläche nach außen gezeigt.
- Der Daumen wird in die Handfläche gelegt.
- Anschließend werden die vier Finger über den Daumen geschlossen, als würde man den Daumen „einschließen“.
Diese Bewegung signalisiert: „Ich brauche Hilfe.“ Das Zeichen kann in einem Gespräch, in einem Videoanruf oder in der Öffentlichkeit genutzt werden, wenn Betroffene sich nicht sicher fühlen oder nicht laut um Hilfe rufen können.
Was ist zu tun, wenn man das Zeichen sieht?
Wer das stille Notruf-Handzeichen bemerkt, sollte nicht direkt eingreifen oder laut reagieren, um die betroffene Person nicht weiter zu gefährden.
Stattdessen gilt:
Ruhig bleiben und die Situation einschätzen.
Wenn möglich, unauffällig nachfragen, ob Hilfe gewünscht ist.
Bei akuter Gefahr: sofort die Polizei über 110 verständigen; hierbei ist es wichtig, Situation und den Ort möglichst genau zu beschreiben.
Besonders in Situationen häuslicher Gewalt, sexueller Belästigung oder Entführungsgefahr kann das stille Handzeichen der entscheidende Hinweis auf eine Notlage sein. Das stille Handzeichen ist ein einfacher, aber enorm wichtiger Schritt zur Zivilcourage. Jeder, der es kennt, kann im Ernstfall helfen und Menschen vor weiterer Schädigung bewahren.