Fachtag bringt Impulse und Ideen
KREIS GROSS-GERAU – Wie gelingt es, unter den Voraussetzungen des demografischen Wandels und der knappen Kassen die Lebensqualität von Menschen im Alter zu erhalten und die dafür notwendigen Rahmenbedingungen auch in Zukunft zur Verfügung zu stellen? Darum ging es beim Fachtag „Älter werden im Kreis Groß-Gerau“, zu dem am Mittwoch, 30. Oktober, Mitarbeiter*innen von Einrichtungen und Diensten, Kommunen und Vereinen sowie freien Trägern der Wohlfahrtspflege, Pflegedienstleistern und Kommunalpolitik sowie aus der Wissenschaft im Landratsamt zusammenkamen, die von Fachbereichsleiter Oliver Hegemann begrüßt wurden.
Wichtiges Thema an diesem Tag war die Unterstützung von pflegebedürftigen Menschen und von pflegenden Angehörigen. Im Kreis Groß-Gerau liegt nach der Hessischen Pflegestatistik der Anteil derjenigen, die zu Hause versorgt werden, mit 87% über dem Landesdurchschnitt (85%). Der Großteil dieser Pflegebedürftigen wird allein durch Angehörige (60,8%) gepflegt - ebenfalls ein überdurchschnittlich hoher Wert in Hessen. Entsprechend bedeutend ist es, breite Unterstützungsstrukturen für die Pflege zu Hause weiterzuentwickeln. Informationen und Angebote für Pflegende finden sich auf der Kreishomepage unter Pflegende stärken – KreisGG.
Dr. Oliver Lauxen vom IWAK Institut für Wirtschaft, Arbeit und Kultur der Goethe-Universität Frankfurt ging in seinem Vortrag auf das Thema der pflegerischen Versorgung des Kreises Groß-Gerau im Spiegel des Hessischen Pflegeberichts ein und nannte Handlungsfelder wie beispielsweise Information und Öffentlichkeitsarbeit, Pflegeprävention und eine gute Vernetzung und Koordination, um Lebensqualität und Pflege zu sichern.
Für den Kreis Groß-Gerau wird in den kommenden Jahren mit einer starken Alterung und in der Folge mit zunehmender Pflegebedürftigkeit gerechnet, da die geburtenstarken Jahrgänge der Babyboomer im Übergang zur Rente stehen. Damit müssten künftig alle pflegerischen Angebote und die Angebote zur Unterstützung im Alltag ausgeweitet werden.
Sybille Bernard und Corinna Koban vom Fachbereich Soziale Sicherung gaben einen Einblick in die aktuellen Entwicklungen zu Sozialstruktur und Versorgungsstruktur des Kreises und bezogen sich dabei auf den Bericht zu den Lebenslagen älterer Menschen, der Ende 2023 erschienen ist und ebenfalls auf der Internetseite des Kreises einsehbar ist. Die Pflegebedürftigkeit hatte 2021 bereits gegenüber 2019 um 17,6% zugenommen. Ein Anstieg der sich nicht allein durch die Alterung der Bevölkerung erklären lässt.
Auch dieser Vortrag ging auf die kommunalen Gestaltungsmöglichkeiten ein, die trotz Herausforderungen bestehen und die im Rahmen von Workshops weiterentwickelt werden sollten.
Die Teilnehmer*innen der Veranstaltung widmeten sich auch der Frage, wie vulnerable und sozial benachteiligte Menschen einen besseren „Zugang zum Hilfesystem“ bekommen können. Da der Kreis Groß-Gerau sowohl einen hohen Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund als auch einen steigenden Anteil alleinlebender Menschen über 80 Jahre aufweist, ging es darum, wie Menschen erreicht werden können, die klassischerweise nicht in die Beratungsstellen kommen.
Hierzu informierte Sybille Pechmann (Beratungsstelle für ältere und behinderte Menschen Rüsselsheim) über das Projekt der Gesundheitslotsinnen in Rüsselsheim und Michéle Schneider (Gemeindepflege, Gesundheitsamt Groß-Gerau) stellte ihre Herangehensweise vor, um Menschen zu erreichen.
Im Workshop „Schätze vor Ort – Nachbarschaft und bürgerschaftliches Engagement“ tauschten sich die Teilnehmenden über freiwilliges Engagement aus, das für die aktive Teilhabe im Alter von besonderer Bedeutung ist – sowohl für die Mitgestaltung von Angeboten als auch als Möglichkeit, Unterstützung im Alltag zu erhalten. Hans-Peter Maurer von den Generationenhilfen Büttelborn e.V. sowie Silke Styber von der hessischen Fach- und Vernetzungsstelle Senioren- und Generationenhilfe teilten dabei ihre Erfahrungen.
Unter der Überschrift „Fit und aktiv im Alter – Ansätze zur Gesundheitsförderung und Pflegeprävention“ sprachen Prof. Dr. Lutz Vogt (Goethe-Universität Frankfurt) und Evi Lindner (Landessportbund Hessen) über Gesundheitsförderung im Alter. Ihre wichtigste Botschaft: In jedem Alter und auch bei Einschränkungen fördert Bewegung die Gesundheit, und das ganz ohne Nebenwirkungen.
In dieser Workshop-Gruppe konnten wichtige Hinweise und Ideen für die Weiterentwicklung von Angeboten wie z.B. das Programm des Alltags-Fitness-Tests, erarbeitet werden. Zusammen mit Patrizia Frank, die für den Sportkreis als Bewegungskoordinatorin am Thema arbeitet, kann eine konkrete Zusammenarbeit entwickelt werden.
Die Veranstaltung hat aufgezeigt, dass der persönliche Austausch und eine gute regionale Vernetzung über alle Professionen und Fachrichtungen hinweg zu innovativen Lösungen führen kann. Für Interessierte wird es eine Dokumentation der Veranstaltung auf der Internetseite des Kreises geben.